In weißen Kleinbussen mit schwarzen Ledersitzen und abgedunkelten Scheiben holpern die Touristengruppen über die löchrigen Straßen Medellíns. Ihr Ziel: das Edifício Mónaco, einst die Machtzentrale des seinerzeit mächtigsten Mannes der kolumbianischen Metropole. Aus dem Pool auf der Terrasse konnte Pablo Escobar die ganze Stadt überblicken. Hier baute er in den 70er- und 80er-Jahren sein Drogenimperium auf. Hier entging er nur knapp dem Bombenanschlag des verfeindeten Cali-Kartells. Und hier starb Escobar am 2. Dezember 1993 im Kugelhagel einer Spezialeinheit US-amerikanischer und kolumbianischer Drogenfahnder.
Mit einem blauen Wartburg soll die Drogenkarriere Escobars angefangen haben. Der Wagen ist natürlich auch Teil der Tour. Er befindet sich allerdings im Garten des Museums, das sein Bruder und ehemaliger Finanzverwalter Roberto Escobar ihm zu Ehren im vornehmen Stadtteil Las Palmas aufgebaut hat. Hier können Besucher im Zuge der Escobar-Tour nicht nur die Autos und Motorräder des Drogenchefs besichtigen, sondern auch Fahndungsplakate, private Fotos – und natürlich den Bruder selbst. Doch Achtung: Das Museum wurde zuletzt immer wieder von den Behörden vorübergehend geschlossen.
Dem Bösen auf den Fersen
Es sind vor allem Escobars Prachtbauten – wie das Edifício Mónaco oder die Hacienda Nápoles im drei Autostunden entfernten Puerto Triunfo, die heute als Themenpark besucht werden kann – welche die Touristen fesseln. Der Kult um den Drogenbaron, neu entfacht durch die Netflix-Serie Narcos, ist zum einträglichen Geschäft geworden. Immer mehr Touristen besuchen Medellín, um auf den Spuren des brutalen Verbrechers zu schaudern. Aber auch die Salsametropole Cali – dem nach der Stadt benannten Cali-Kartell widmet sich die dritte Staffel der Netflix-Serie.
Kolumbien ist also zurück auf der touristischen Landkarte – nicht zuletzt auch deshalb, weil Medellín- und Cali-Kartell längst zerschlagen sind und sich die Regierung mit der Guerilla-Gruppe FARC auf ein Friedensabkommen einigte. Das Land ist für Touristen heute sehr viel sicherer, als es noch vor wenigen Jahren war. Und die Besucher können sich auf einige Abenteuer freuen, denn hier gibt es alles: nicht nur schaurige Geschichten über skrupellose Mörder, sondern auch tiefgrüne Dschungel und imposante Berge, karibische Strände und farbenprächtige Landschaften, quirlige Metropolen und bilderbuchschöne Kolonialstädte – und das alles unter der heißen Sonne Südamerikas.
Kolumbianer: Gegen den Narcos-Tourismus
Doch längst nicht jeder Kolumbianer sieht den Narcos-Tourismus positiv – zu tief sitzt der Schrecken. Viele stören sich zudem an der Heroisierung Escobars. So wird denn auch das Edifício Mónaco noch in diesem Jahr abgerissen. An seiner Stelle soll ein Park an die Opfer des Drogenbarons erinnern. „Ich bin davon überzeugt, dass alle Symbole der Illegalität in Medellín fallen müssen“, erklärte denn auch Bürgermeister Federico Gutiérrez seine Entscheidung. Die Designausschreiben laufen schon. Trotzdem: Aufregend bleibt Kolumbien allemal.